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Fahrraddemonstration („Tour de Natur“) darf den Wesertunnel durchqueren

Mit Beschluss vom 27. Juli 2016 (Az.: 7 B 3662/16) hat das Verwaltungsgericht Oldenburg einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben, sodass eine Fahrraddemonstration wie geplant stattfinden kann. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein umweltpolitisch engagierter Verein führt derzeit über mehrere Etappen mit etwa 100 Teilnehmern eine Fahrraddemonstration unter der Bezeichnung „Tour de Natur“ durch, die von Groningen bis nach Kiel führen soll. Die für den 29. Juli 2016 vorgesehene Durchquerung des Wesertunnels hatte der Landkreis Leer als zuständige Versammlungsbehörde untersagt. Stattdessen sollten die Teilnehmer der Demonstration mit der Weserfähre von Golzwarden nach Sandstedt übersetzen. Zur Begründung dieser Beschränkung führte der Landkreis aus, dass die B 437 im Bereich des Wesertunnels autobahnähnlich ausgebaut sei. Kurzfristige Sperrungen würden zu gefährlichen Staubildungen führen. Weitere Gefahren entstünden aus dem Befahren der Tunnelanlage als solche. Etwaige Rettungseinsätze bei Schadensfällen könnten beeinträchtigt werden.

Der dagegen von dem Verein gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg. Das bedeutet, dass die Teilnehmer der Fahrraddemonstration den Wesertunnel durchqueren dürfen. Zur Begründung hat das Gericht u.a. ausgeführt, dass nach den maßgeblichen Regelungen im Niedersächsischen Versammlungsgesetz Beschränkungen einer Versammlung unter freiem Himmel erfolgen können, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. An einer solchen unmittelbaren Gefahr fehle es hier jedoch; jedenfalls hätten etwaige Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Rechte Dritter im Hinblick auf die nur beabsichtigte kurzzeitige Nutzung des Wesertunnels kein solches Gewicht, dass sie die Einschränkung der durch das Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit rechtfertigen würden. Die durch die zu erwartende Rückstaubildung entstehenden Gefahren müssten - ähnlich wie bei Verkehrsunfällen - mit polizeilichen Mitteln bewältigt werden. Außerdem sei eine Planung und vorherige Benachrichtigung der übrigen Verkehrsteilnehmer über geeignete Medien möglich.

Wegen der Bedeutung des Wesertunnels für die von den Veranstaltungsteilnehmern auch kritisierte Planung einer sog. Küstenautobahn (A20) habe die Durchfahrt einen starken Bezug zu dem Demonstrationsziel.

Das Gericht hat seine Entscheidung jedoch dahingehend eingeschränkt, dass der auf der B 212 und der B 437 vorgesehene Streckenabschnitt zügig und ohne Zwischenhalt für eine in Aussicht gestellte Protestkundgebung vor dem Wesertunnel zu durchfahren ist. Die Durchführung einer Kundgebung am Wesertunnel würde nach Einschätzung des Gerichts zu erheblichen zusätzlichen Beeinträchtigungen führen, die auch unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts der Versammlungsfreiheit nicht gerechtfertigt seien.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.07.2016

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